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Das Buch als Leitmedium – für Senioren

SeniorenZwei Meldungen geisterten in den letzten Tagen durch die Presse, unabhängig voneinander, aber doch ein Gesamtbild bestätigend – der klassische Leser ist vor allem eines: alt.

Zuerst war es Michael Tamblyn, CEO des E-Book-Anbieters Kobo, der auf der IPG Spring Conference eine „Bombe“ platzen ließ: „Tamblyn admitted that 50% of all Kobo customers are 55 years old or retired. “People 55 and over are leading a digital charge for the first time”, he said. “That kind of understanding of what that customer looks like changes everything for us.”

Die nächste Meldung kam aus dem guten alten Statistischen Bundesamt (Destatis), die generell das Leseverhalten der Deutschen untersuchten:

„In ihrer Freizeit lesen die Menschen in Deutschland durchschnittlich
3 ¾ Stunden pro Woche…ist das Lesen besonders bei Seniorinnen und Senioren beliebt.
Mit durchschnittlich 6 ¾ Stunden haben die über 65-Jährigen die längste Lesedauer je Woche. Im Alter von 45 bis 64 Jahren wird im Schnitt immerhin noch knapp 4 Stunden wöchentlich gelesen. Die 10- bis 17-Jährigen sowie die 30- bis 44-Jährigen verbringen damit jeweils nur 2,5 Stunden in der Woche. Mit 1,5 Stunden wöchentlich nehmen sich die 18- bis 29-Jährigen am wenigsten Zeit fürs Lesen.
Die meiste Zeit wird dabei mit der Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften verbracht (durchschnittlich 1 Stunde 24 Minuten pro Woche). Die Lesedauer von Büchern ist mit 49 Minuten wöchentlich deutlich geringer. Weitere Zeiten entfallen unter anderem auf das Lesen von Gebrauchsanweisungen, Beipackzetteln, Broschüren und Katalogen.“
Quelle (Die Daten selbst stammen aus der „Zeitverwendungserhebung 2012/2013“ und wurde wohl eher anläßlich der startenden Leipziger Buchmesse wieder herausgekramt.)

Was kann man daraus ablesen? Auf den ersten Blick nichts Neues – es reicht schon ein Gespräch mit einer Handvoll Buchhändlern oder ein Blick in die Buchkäufer- und Buchleser-Studie des Börsenvereins, um festzustellen, dass Lesen, bzw. speziell die Nutzung des Endgeräts „gedrucktes Buch“ primär bestimmten Altersschichten vorbehalten war, und zwar schon seit Dekaden.

Was, wenn es gar keine nachwachsende Leser-Generation für Kodex-Formen mehr gibt?

Das ist aus Produzentensicht (e.g. Verlage) erst einmal nichts Schlimmes, schließlich sorgt die Demographie auch bei Kukident-Nutzern ja automatisch für Nachwuchs.
Bisher war die Beruhigungs- und Argumentationskette auch Folgende: die Alten lesen gedruckt, die Jungen denselben Inhalt digital – wenn diese Produktmigration (die Verlage mit ihren Print- und Digitalkopie-Prozessen abbilden) so bleibt ist alles in Ordnung.

In diesem Kontext ist Tamblyns Analyse dann aber doch spannend – vielleicht gibt es diese Lese(r)migration von Generation zu Generation gar nicht, sondern „klassisches Lesen“ gewohnter Kodex-Formen könnte primär an die heute damit aufgewachsene Generation gebunden zu sein, die irgendwann den Weg alles Irdischen geht.

Man mag das, was da an Alterskohorte heranwächst, „Generation Youtube“ oder wie auch immer nennen. Und es kommt wie immer im Leben sicher alles nicht so schlimm wie dahergeunkt. Aber vielleicht sollte aus der Vogelperspektive doch einmal darüber nachgedacht werden, ob nicht das gedruckte Buch durch das E-Book, sondern das gewohnte Format „Buch“ gar nicht ersetzt wird.

Im Moment kann man attestieren: neben vokaler und visueller Informationsübertragung wird es auf lange Sicht die schriftliche Kommunikations-Form geben. Im Sinne von „Gelesen wird immer“. Aber vielleicht ist das, was (!) gelesen wird in Zukunft etwas völlig anderes, vielleicht eine Mischform an Kanälen, eine Sammlung an Hyperlinks, Postings und kein „Buch“ mehr – immerhin das Kernprodukt einer 10-Milliarden-Industrie hierzulande. Mal darüber nachdenken…

Teaserbild: cocoparisienne unter CC0 Public Domain

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