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Ex-Monopolisten zum Preis von 2 Latte Macchiato

Latte MacchiatoManchmal tauchen Totgeglaubte wieder fröhlich auf, wie hier am Beispiel von Quark Xpress, dem einstigen Marktführer in Sachen Desktop Publishing Software:

„Quark startet €9,99 Bildungsoffensive: Professionelles Layouten und eBook-Erstellung für alle Studenten und Ausbildungseinrichtungen. Preis der QuarkXPress 2015 Education-Version auf unglaubliche €9,99 gesenkt…Im Vergleich zu Adobe InDesign, welches derzeit im Abo der Creative Cloud 2015 monatlich mit €19,34 zu Buche schlägt, ist QuarkXPress 2015 mit einem einmaligen Preis von ungefähr zwei Café Latte eine unschlagbare Alternative.“


Warum das agressive Preismarketing eines Softwareunternehmens überhaupt erwähnenswert ist? Weil mit Quark gerade bei der ersten Generation der DTP-Spezialisten sehr viele Erinnerungen verbunden sind an ein Unternehmen, das sich durch ein zugegebenermaßen sehr solides Tool in einem engen, spezialisierten Markt (die professionelle Druckvorstufe) eine Monopolstellung erarbeitet und auch Mitbewerber durch diese Qualität verdrängt hat (kann sich hier noch jemand an PageMaker erinnern?).

Nachgerade ein fast akademisches Lehrstück dafür, dass kein Monopol, auch nicht in Nischen, jemals für die Ewigkeit geschaffen ist, verfolgte Quark Software Inc. eine Hochpreispolitik kombiniert mit einer gewissen Innovationsträgheit – wozu Kundenanregungen mühsam in Software ummünzen, wenn diese Kunden keine Alternative haben?

Damit wurde aber eine Lücke geschaffen, die das Unternehmen Adobe durch den Kauf der Software K2 von Aldus (so manchen Hersteller-Schlachtross überkommen jetzt sicher sentimentale Erinnerungen) und den Aufbau von InDesign gnadenlos ausnutzte. Der Entwicklungsvorsprung von Quark war anfänglich deutlich zu spüren – aber Adobe betrieb nicht nur insgesamt unerhörtes Marketing (Roadshows, auf die Verlagshersteller eingeladen und erstmal musikalisch bedröhnt wurden – da fiel eine ganze Generation fast vom Hocker), sie gewannen durch aggressives Pricing die Herzen von Controllern und Herstellungs- und Agenturleitern. Was am Ende, als es um neue Software-Lizenzen ging, den Ausschlag gab. Zudem verfolgte Adobe damals (und dies ist bewusst auf die Vergangenheit bezogen!) eine radikal am Kunden orientierte Entwicklungspolitik, die es auch mal verschmerzen ließ, das nicht immer wirklich alles rund lief.

Also eigentlich drei ganz simple Faktoren: Marketing, Preis, Kundenorientierung. Adobe gewann. Quark Software Inc. begann sich erst zu rühren, als es zu spät war, auch viel Entwickler-KnowHow logischerweise das Weite suchte. Quark verlor für viele Jahre. Das Ergebnis war ein neues Monopol.

Nun ist man im nachhinein immer schlauer und Besserwisserei hat noch niemanden vorangebracht, ebensowenig wie Häme (die mir hier mehr als fernliegt). Und den Kollegen von Quark sei der Erfolg mit ihren neuen Produkten auch absolut gegönnt (wenn es gut und fair bepreist ist).

Aber angesichts der gerade durch die Digitalisierung verstärkten Monopolisierung (oder zumindest verstärkten Diskussion darum) ist es manchmal ganz gut, zurückzuschauen und die Marktfaktoren wie oben beschrieben zu beachten. Auch ein Google, auch ein Amazon sind angreifbar. Nicht durch gesetzliche, einseitige Regulierungen oder Lobbyistengeschrei. Aber durch Rahmenbedingungen, die es anderen, agileren Unternehmen ermöglichen, günstige, kundenorientierte Ersatzangebote zu entwickeln.

 

 

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