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Hat das digitale Marketing in der Buchbranche eine Zukunft? [Gastbeitrag]

Marketing[Gastbeitrag von Ruth Schöllhammer, basierend auf einer Einschätzung von Holger Ehling, Wibke Ladwig, Michael Schickerling, Peter Schmid-Meil und meinereiner].

Der erste Eindruck: Verlage verstehen unter digitalem Marketing erstmal klassisches Online-Marketing mit kostengünstigen blinkenden Bannern, unauffindbaren Autoren-Microsites und uninspirierten Newslettern oder aber was mit digitalen Büchern, die in den E-Book-Stores komplett untergehen – so ein erfahrener Kollege aus München.

Ohne Marke kein erfolgreiches Marketing – eine Binse. Doch um das Markenverständnis scheint es gerade bei großen Verlagen schlecht bestellt zu sein. Es mangelt an konsequenter und einheitlicher Führung, so der Tenor der Kollegen. Früher gehörte zum vornehmsten Geschäft der Verlage der Aufbau von Autorenmarken. Dieses Geschäftsmodell ist heutzutage allerdings zu riskant. Denn einmal erfolgreich, können die Autoren problemlos ihr eigenes Ding machen. Selfpublishing, nicht nur in der Buchbranche ein neues Phänomen, das die Geschäftskonzepte und -modelle auf den Kopf stellt. Ob dieser Entwicklung steckten Branchengrößen jahrelang ihren Kopf in den Sand – seit Kurzem gibt es erste Zeichen, dass Verlage nicht mehr kopflos reagieren, sondern erste strategische zukunftsorienterte Maßnahmen ergreifen. Kleine Häuser sind hier klar im Vorteil.

Bei den großen Verlagen regiert dagegen immer noch der Bauchladen ohne klare Profilierung. Zu viele atomisierte Imprints und zu viele offizielle Solidaritätsbekundungen für einen unabhängigen Buchhandel erschweren zudem die Entwicklung eines innovativen Endkundenangebots. Die Produktentwicklung orientiert sich nach wie vor an der Mischkalkulation aus mehr oder weniger geplanten Flops und hoffentlich genug Glücksfällen, so ein Branchenkollege.

Kleinere und mittlere Verlage unter anderem deswegen besser aufgestellt, weil sie über Social Media engere Beziehungen zu ihren Endkunden haben. Vorbildlich: der Ankerherz Verlag oder der Hermann Schmidt Verlag, deren Kommunikation durch viel Herzblut und Verständnis für die eigene Marke besticht.
Zu nennen sind auch Indiebook-Verlage wie mairisch, Verlagshaus Johannes Frank. Gräfe und Unzer hat sich mit Kuechengoetter.de eine starke Community aufgebaut.
Gelobt werden außerdem die Verlagsblogs Hundervierzehn von Fischerverlage und Logbuch Suhrkamp.

Ansonsten findet man Marke eher bei Fachverlagen, die schon lange nicht mehr im klassischen Buchhandel stattfinden. Zu nennen sind Fachverlage mit Fachzeitschriften im Abo-Modell wie NWB, Haufe oder R. Müller. Mit „Via Medici“ – zeigt der Thieme Verlag eine gute Verknüpfung von Print-Magazin, Online-Newsletter und Internetseite, contentorientiert und nicht rein werblich.

Dass große Verlage eine eigene eigene Endkunden-Kommunikations-DNA entwickeln, sehen die Kollegen eher kritisch. Wenn, dann kommt digitale und Endverbraucher-Kompetenz eher von extern über Kooperationen, beispielsweise mit Social-Reading-Plattformen oder Selfpublishing-Plattformen, die in den direkten Kontakt mit dem Leser/Kunden münden. Diese Strategie verfolgen aktuell Häuser wie DroemerKnauer (neobooks), Oetinger (oetinger34), Egmont LYX (lyx-storyboard), Ullstein Verlag und BasteiLübbe.

Die Branche bewegt sich!

Die Expertenrunde:
Holger Ehling, Wibke Ladwig, Steffen Meier, Michael Schickerling, Peter Schmid-Meil, Ruth Schöllhammer

Juni, 2014

Teaserbild: Pixabay

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