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ProtoTYPE – Innovation vs. Pragmatismus oder: Ich weiß, was du letztes Wochenende getan hast. Glaube ich jedenfalls…

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Einige unsortierte Gedanken zur Prototype-Veranstaltung

Im Moment wird die öffentliche Berichterstattung noch von denjenigen geprägt, die direkt oder indirekt an der Prototype -Veranstaltung involviert waren wie Frank Krings, Dennis Schmolk – mit wenigen Ausnahmen, etwa Gerhard Schröder, der einige Projekte als „Rettungsversuche der bestehenden Geschäftsmodelle“ sieht.
Wo bleibt die Kritik, der dezidierte Kontrapunkt? Wo sind sie, die streitlustigen Branchenkollegen?

Dabei war die anfängliche Kritik, vor allem aber die großen Fragezeichen zu Sinn und Zweck der Veranstaltung, reichlich lautstark. Vor allem aus der Ecke derjenigen, die keinesfalls selbst Innovation einbringen wollten, um sich nicht selbst das Wasser abzugraben resp. die „Konkurrenz“ mit Geschäftsmodellen zu unterfüttern. Aber auch die Stimmen derer, die massive Zweifel an der Innovationsfähigkeit „der Branche“ hatten. Mit Letzteren sind wohl die „Freaks“ gemeint, von denen Sandra Schüssel im Börsenblatt schrieb (ein etwas fragwürdiger Begriff, aber gut).

[Einschub: Allein zum Thema „Warum tun „Freaks der Buchbranche gut“ könnte ich schon wieder Psalmen singen – aber das ist eine andere Geschichte…]

Prototype – mehr als wochenendliches Hosianna-Rufen

Was genau ist passiert? Eine Gruppe von Leuten traf sich ein Wochenende und übte „Open Innovation“. Im Kern eigentlich ein banales Szenario aus Pitchings und Gruppenarbeit – aber manchmal sind die einfachen Dinge eben die besten (und die professionale Orga tat ihr übriges). Heraus kamen eine Handvoll Projekte (hier überraschend transparent dokumentiert), über deren Sinn und Unsinn man trefflich streiten kann. Aber der Innovationsduktus, der von außen oktroyiert wurde („Wehe, da kommt nix Innovatives raus, dann bashen wir euch!“), der war nicht zu spüren. Teilweise waren die Projekte von göttlichem Pragmatismus getrieben (was übrigens nicht für alle ursprünglich eingereichten Projektideen gilt), aber warum nicht den Ansatz verfolgen, keine Theoreme, sondern durchführbare Ideen voranzutreiben? Was ist an Modifikationen, gern auch massiven Änderungen bestehender Geschäftsmodelle (wohlgemerkt: keine Rettungsversuche!) so schlimm?

Die Marktteilnehmer werden diese Projekte überleben

Also eben doch keine „disruptiven Innovationsprozesse„, wie im Vorfeld kolportiert? Nein, keineswegs, die meisten Marktteilnehmer werden diese Projekte überleben, so sie denn tatsächlich eines Tages Produkte im weitestens Sinne ergeben. Die Welt wurde nicht verändert, Verbesserungen sind aber auch schon etwas.

Woran liegt das? Vielleicht, weil echte Innovation eher Prozesse sind denn ein Mörsereinschlag (um mal das disruptive Element zu bebildern). Vielleicht auch, weil Disruption eher von uns Marktteilnehmern subjektiv empfunden wird, bei Licht betrachtet die Dynamik dann aber doch nicht so voluminös ist.

Vielleicht sollten wir auch einfach mit diesem ganzen Disruptions- und Innovations-Menetekeln aufhören und unseren Job tun. Märkte ändern sich? Wissen wir. Kunden ändern sich? Auch nichts Neues. Produkte ändern sich? Well, dann auf zu neuen Ufern, alles andere wäre doch langweilig.

Und wenn die Prototype am Ende doch den Unken (oder dem eigenen Anspruch) zum Opfer fällt? Na und – wird uns nicht die ganze Zeit erzählt, wir würden vor allem aus Fehlern lernen?

Laßt Startups um mich sein!

Und das Scheitern lauert an einigen Stellen – spätestens, wenn die „Branche“ aufgerufen ist, diese Projekte weiterzutreiben. Wer soll das sein? Der Verband? Wirtschaftstöchter? Alle Verlage, im Schulterschluß mit dem Sortiment? Unwahrscheinlich.

Aber vielleicht nimmt sich eine kleine, agile Gruppe von Marktteilnehmern dieser Ideen an, vielleicht gründen sich kleine Startups auf deren Basis. DANN wäre das Spiel gewonnen.

Randnotiz: Ich komme aus der Verwunderung nicht mehr heraus. Fast eine Woche nach der Veranstaltung immer noch kein „Das soll innovativ gewesen sein?“-Veitstanz. Und im Rahmen der Veranstaltung selbst meine Verblüffung darüber, daß viele Projektideen klar die „Retail Services“ im Fokus hatten – auf gut deutsch: den Buchhändler. Der Bildband „Der letzte seiner Art“ mit einem verhärmten Sortimenter auf dem Titelbild scheint also noch eine Weile auf sich warten zu lassen…

1 Kommentar

  1. Ich war wohl zu nett in meiner Umschreibung, das die viele Vorschläge „ein Buch weiterhin als ein Print-Produkt begreifen“? 😉 OK…

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