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Husarenstück, Piraterie oder was jetzt? Der Fall @ZDFonline

Das hatte es in sich – zwei Schwaben betreiben seit 2009 den Twitter-Kanal @ZDFonline und keiner merkt es, nicht mal das ZDF selbst. Einen schönen Bericht dazu gibt es von Richard Gutjahr hier
http://gutjahr.biz/blog/2011/04/zdf-twitter/

Natürlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ZDF-Verantwortlichen (vermutlich vor dem Hintergrund eigener SocialMedia-Überlegungen) dem Ganzen auf die Schliche kommen. Und das Erwartetbare passiert nicht – keine Klage vor irgendeinem Landgericht oder Vergleichsangebote, sondern ein freundlicher Empfang auf dem Lerchenberg für die zwei Twitterer und ein Jobangebot:

„Die beiden haben es uns leicht gemacht, sie zu umarmen“, sagt Tina Kutscher, Chefin der Zentralredaktion (eingef.) ZDF Neue Medien. “So professionell wie die Zwei twittern, könnten wir das gar nicht.” (Zitat Gutjahr-Blog)

Und prompt wird die versammelte Twitteria rührselig, hach, ein Happy End.

Hallo??

Bar jeder Husarenromantik mit glücklichem Ausgang sollte man die Vorgänge aus Unternehmenssicht einmal betrachten: ein eigener SocialMedia-Kanal wird von zwei Externen aufgesetzt, zudem noch im firmeneigenen Corporate Design. Ein Horrorszenario erster Güte. Getwittert wird zwar nur Banales: das Sendeprogramm und dazwischen die eine oder andere user-response. Also relativ wenig „Schaden“ angerichtet, selbst hätte man dies vermutlich anfangs auch nicht viel anders bewerkstelligt.
Trotzdem: formal ist dies ein Akt der „Piraterie“.

Recht heißt aber nicht unbedingt Gerechtigkeit resp. hier haben die ZDF-Leute einmal Fingerspitzengefühl bewiesen. Denn dies hätte in der gossipgeilen SocialMediaGemeinde zu einem langfristig reparablen, aber doch (PR-)Schaden erster Güte geführt – ich vermute, die ZDFler haben sich bei Wikipedia den Eintrag „Shitstorm“ sehr genau angeschaut. Und die „Umarmung“, von der Tina Kutscher spricht, kann auch eher als „Umarme Deinen Feind, bevor Du ihn zu besiegen trachtest“ gesehen werden. Wenn Ruhe eingekehrt ist, wird das ZDF eine „neue SocialMedia-Strategie“ verkünden und dann wird es die Frage sein, ob die beiden „Jungs aus Baden-Württemberg“ dann noch eine Rolle darin spielen. Aber dann handelt es sich nicht mehr um David-gegen-Goliath, sondern arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen, die die Twitteria, hinter einer anderen digitalen Sau herrennend, nur noch am Rande interessiert.

Chapeau, ZDF!

 

 

 

1 Kommentar

  1. Danke für diesen Beitrag. Du sprichst mir mit Deiner kritischen Sichtweise aus dem Herzen. Natürlich kann man dem ZDF den Vorwurf machen, so spät erst sich mit Social Media zu beschäftigen, daß Dritte den Namen benutzen. Aber Du hast sehr wohl recht: so romantisch sollte man die Geschichte nicht sehen, sondern klar auch als Problem der falschen Identitätsannahme und nicht genehmigter Logo- bzw. Namensverwendung. Ein Problem für alle: ZDF, die beiden Betreiber des Twitterkanals und die Follower, die im Grunde genommen hinters Licht geführt worden sind. Nicht umsonst wird im Gesichtsbuch klar nachgefragt, ob man beim Erstellen einer Seite der Markeninhaber ist ;-).

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