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Der Hubert ist entgeistert und der Michael findet, dass es den Schrott im Internet gibt – bitte beide an der Information abholen

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Extreme Positionen sind mein Ding nicht (ausser bei den wirklich wichtigen Dingen des Lebens, und dazu gehört die Verlagsbranche denn doch nicht). Insofern enthalte ich mich so möglich gerne einseitiger Begeisterungs- resp. Verteufelungspositionen. Der Besuch der Zeitschriftentage des VDZ in Berlin die letzten Tage erschwert es einem aber doch, die geballte Faust in der Tasche zu lassen.

Nun gut, „Print is back“. Das mit Internet ist ja alles nicht so dolle. Keine neuen Positionen, hier eben etwas prominent vorgetragen von Leuten wie Hubert Burda (der vielleicht in Zukunft besser seine Leute ranließe als mit einem A4-Blatt vor der Kamera herumzuwedeln, um etwas zu zeigen, daß man dann doch nicht lesen kann) oder Michael Ringier eben, der für so feuilletonistische Zeitungen wie „Blick“ verantwortlich zeichnet. Fein, daß für seine Generation Multitasking „Lesen der Zeitung auf dem Klo ist“, geschenkt. Mit dem inzwischen fast schon berühmten Statement „Wir brauchen Edelmetall, den Schrott gibt es im Internet“ hat er aber wohl dem (Internet-)Faß den Boden ausgeschlagen. Veredelt denn Papier jeden Mist?

Liebe Leute, wer hat denn die Zeitungen und Zeitschriften gezwungen, ihre Inhalte kostenlos online zu stellen? Der Grund war doch nichts anderes als das „Reichweite, Reichweite“-Mantra der Verleger. Aus dem Geschäftsmodell ist nichts geworden, Pech eben. Wenn es funktioniert hätte, kein Hahn würde heute die Kostenlos-Kultur „des Internets“ bekrähen. Dann eben erstmal reflexartig die Internetfirmen beschießen, die es denn doch geschafft haben, daraus ein florierendes Geschäftsmodell zu machen. Nie werde ich Google CEO Eric Schmidts lapidare Bemerkung vergessen, man müsse ja seine Inhalte nicht zum Durchsuchen freigeben, da gäbe es eine robots.txt…

Gar nicht mehr aus dem Kopfkratzen kommt man dann, wenn dieses Unternehmen (Google) Herrn Burda um ein Gespräch bittet, da man sich das finanzielle Sponsoring seiner Digitalkonferenz DLD überlege und dieser dann völlig entgeistert ist. Da kann man nur sagen, lieber Herr Burda, ich würde Ihnen mal ein paar Vorträge, gespickt mit ein paar knackig-defätistischen Bemerkungen über die Automobilbranche empfehlen – ob Sie sich dann auch noch wundern, wenn diese ihre Anzeigen stornieren? Wohl kaum.

Und jetzt ist also alles wieder Print. Print is back. Aha. Ich kann mich an einen Kongreß der Deutschen Fachpresse in Wiesbaden vor einigen Jahren erinnern. Eines der üblichen Beratungsunternehmen hatte den Verlegern ordentlich Angst eingejagt mit dem Internet, diesen Trend dürfe man nicht verschlafen, sonst würde er einem wie ein Tsunami den Boden unter den Füßen wegreißen. Die Folge waren in der Kaffeepause bleich herumstehende Verleger, die immer nur „Tsunami, Tsunami“ vor sich hinmurmelten.

Andererseits – warum sollten die Führungsqualitäten, die Planung und Voraussicht in der Medienbranche soviel anders sein als etwa im Bankenbereich, deren Managementmittelmaß allenthalben großes Erstaunen in der letzten Finanzkrise hervorrief. Und es mögen ja wirklich gute Blattmacher, gute Geschäftsleute darunter sein. Aber ob die altbackene Gutsherrenart, die sich in Berlin auf den Zeitschriftentagen so massiv offenbarte, die richtige Art ist, an kommende Herausforderungen heranzugehen, daran habe ich persönlich massive Zweifel. Und die Herausforderungen sind nach Berlin nicht weniger geworden…

[Einschub: ich habe während der Veranstaltung die Twitterstreams zu #vdz und #zeitschriftentage permanent im Auge gehabt, dabei war ein jubelnder Tweet zu Ringiers Äußerung von – @blickch. Mein erster Gedanke ging denn eher in die Richtung „Wie dumm kann man sein“. Mein zweiter war „Stimmt eigentlich, bei denen steht wirklich Schrott“. Mein dritter ging eher in die Richtung, wenn denn hier alles so schrottig ist, warum haben die dann überhaupt einen Twitter-Channel.
Dummerweise finde ich den Tweet nicht mehr. Von wegen gelöschte Tweets sind noch auffindbar, denn dies wäre die einzige Erklärung – die Löschung. Da hatte es wohl jemand mit der Angst zu tun bekommen…sachdienliche Hinweise nehme ich jedenfalls gern entgegen.]

Hier noch ein paar sehr lesenswerte Beiträge zum Thema – mit herzlichem Dank an „das schrottige Internet“, das solche Meinungsäußerungen zuläßt:

Michael Ringier bei den Zeitschriftentagen des VDZ: „Den Schrott gibt es im Internet“ (kress.de)
http://kress.de/mail/tagesdienst/detail/beitrag/107365-michael-ringier-bei-den-zeitschriftentagen-des-vdz-den-schrott-gibt-es-im-internet.html

“Den Schrott gibt es im Internet”? Eine kurze Replik (slow media)
http://www.slow-media.net/den-schrott-gibt-es-im-interneteine-kurze-replik

Das lassen wir uns nicht bieten! (dondahlmann.de)
http://www.dondahlmann.de/?p=751

Die Prognosen des iPad-Gurus Ringier und das Leistungsschutzrecht gegen die Gratiskultur der Kioske
http://gunnarsohn.wordpress.com/2010/11/18/die-prognosen-des-ipad-gurus-ringier-und-das-leistungsschutzrecht-gegen-die-gratiskultur-der-kioske/

1 Kommentar

  1. noch ein paar Fundstellen:ChromedBird.com hat festgehalten …Wir pflichten unserem Verleger Michael Ringier bei: „Wir brauchen Edelmetall, den Schrott gibt es im Internet!“ 😉 http://is.gd/hm3rI@blickamabend RT’sCaliBobby @kohlenklau Verglichen mit dem Internet-Schrott ist sogar @blickamabend Edelmetall

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